Ulrich Woelk
Venus
Planetenschreiber 7
"Das Flowers gefiel mir gut. Ich wusste, dass bei der Erschließung der Venusatmosphäre eine Menge esoterischer Erwartungen im Spiel gewesen waren. Viele Aussteiger von der Erde flogen damals hierher und gründeten kleine Siedlungen, in denen sie sich vor den neugierigen oder argwöhnischen Blicken anderer Siedler durch die dichte Atmosphäre gut geschützt wussten. Viele von ihnen beriefen sich auf eine über zweihundert Jahre alte Bewegung, deren Anhänger man seinerzeit Hippies genannt hatte. Ihre heutigen Nachfolger hofften, von den besonderen Energien der Venus zu profitieren. Ihre Plattformen hingen an Cello-phanballons in der Form von riesigen Blumen, neonfarbenen Pflanzen, kaleidoskopartigen Augen und Diamanten … Sie nannten sich Vippies und kümmerten sich nicht weiter um den Rest des Planetensystems. Doch da auch die Verfechter eines einfachen, natürlichen Lebens nicht ganz ohne Geld auskommen, betrieben sie in VH das Flowers.
Warum die Kulturbehörde der Venus der Meinung gewesen ist, dass ich mich als Schriftsteller im Flowers am wohlsten fühlen würde, kann ich allerdings nicht sagen. Es ist mir ja inzwischen selbst ein wenig unangenehm, wie viele Bilder von meinem Planetenschreiberluxusaufenthalt im Ganjing International Spa ich damals gepostet habe – und das nicht ohne einen gewissen Stolz. Allerdings gibt es tatsächlich eine Verbindung zwischen meiner Lebens-wirklichkeit als Autor und jener der Vippies: die Mittellosigkeit. Ich bin, wie ich immer wieder feststelle, ein recht genügsamer Mensch. Ich nehme die Dinge, wie sie kommen, und kann mich mit dem meisten schnell abfinden, solange ich von freundlichen, wenig eitlen und gegen jede Lust an Machtausübung immunen Menschen umgeben bin. Und so war es im Flowers tatsächlich."
(Ulrich Woelk)
Titel der Zeichnungen (nach Venus-Literaturliste)
KARL HERBERT SCHEER, RAUMPATROUILLE NEBELWELT, 1978
BORIS + ARKADI STRUGATZKI, ATOMVULKAN GOLKONDA, 1959
ROBERT A. HEINLEIN, SPACE CADET, 1948
ALEXANDER ROBÉ, SOS VON DER VENUS, 1956
STANISLAW LEM, ASTRONAUCI, 1951
GEORGI MARTYNOW, DAS ERBE DER PHAETONEN, 1964
HANS DOMINIK, DAS ERBE DER URANIDEN, 1926
IMMANUEL VELIKOWSKY, WELTEN IM ZUSAMMENSTOß, 1950
GUSTAV HARDER, DAS ATOMSCHIFF, 1954
EDGAR RICE BURROUGHS, PIRATEN DER VENUS, 1932–1970
KONSTANTIN WOLKOW, NOTLANDUNG AUF DER VENUS, 1960
ERICH DOLEZAI, PLANET IM NEBEL, 1962
Auflage: 30 Exemplare
600 €