Samstag, 12. Juli 2025

Ulrich Woelk, Venus

Ulrich Woelk

Venus

Planetenschreiber 7


"Das Flowers gefiel mir gut. Ich wusste, dass bei der Erschließung der Venusatmosphäre eine Menge esoterischer Erwartungen im Spiel gewesen waren. Viele Aussteiger von der Erde flogen damals hierher und gründeten kleine Siedlungen, in denen sie sich vor den neugierigen oder argwöhnischen Blicken anderer Siedler durch die dichte Atmosphäre gut geschützt wussten. Viele von ihnen beriefen sich auf eine über zweihundert Jahre alte Bewegung, deren Anhänger man seinerzeit Hippies genannt hatte. Ihre heutigen Nachfolger hofften, von den besonderen Energien der Venus zu profitieren. Ihre Plattformen hingen an Cello-phanballons in der Form von riesigen Blumen, neonfarbenen Pflanzen, kaleidoskopartigen Augen und Diamanten … Sie nannten sich Vippies und kümmerten sich nicht weiter um den Rest des Planetensystems. Doch da auch die Verfechter eines einfachen, natürlichen Lebens nicht ganz ohne Geld auskommen, betrieben sie in VH das Flowers.


Warum die Kulturbehörde der Venus der Meinung gewesen ist, dass ich mich als Schriftsteller im Flowers am wohlsten fühlen würde, kann ich allerdings nicht sagen. Es ist mir ja inzwischen selbst ein wenig unangenehm, wie viele Bilder von meinem Planetenschreiberluxusaufenthalt im Ganjing International Spa ich damals gepostet habe – und das nicht ohne einen gewissen Stolz. Allerdings gibt es tatsächlich eine Verbindung zwischen meiner Lebens-wirklichkeit als Autor und jener der Vippies: die Mittellosigkeit. Ich bin, wie ich immer wieder feststelle, ein recht genügsamer Mensch. Ich nehme die Dinge, wie sie kommen, und kann mich mit dem meisten schnell abfinden, solange ich von freundlichen, wenig eitlen und gegen jede Lust an Machtausübung immunen Menschen umgeben bin. Und so war es im Flowers tatsächlich."


(Ulrich Woelk)



Text von Ulrich Woelk mit zwölf Originalzeichnungen von Hartmut Andryczuk

Titel der Zeichnungen (nach Venus-Literaturliste)


KARL HERBERT SCHEER, RAUMPATROUILLE NEBELWELT, 1978

BORIS + ARKADI STRUGATZKI, ATOMVULKAN GOLKONDA, 1959

ROBERT A. HEINLEIN, SPACE CADET, 1948

ALEXANDER ROBÉ, SOS VON DER VENUS, 1956

STANISLAW LEM, ASTRONAUCI, 1951

GEORGI MARTYNOW, DAS ERBE DER PHAETONEN, 1964

HANS DOMINIK, DAS ERBE DER URANIDEN, 1926

IMMANUEL VELIKOWSKY, WELTEN IM ZUSAMMENSTOß, 1950

GUSTAV HARDER, DAS ATOMSCHIFF, 1954

EDGAR RICE BURROUGHS, PIRATEN DER VENUS, 1932–1970

KONSTANTIN WOLKOW, NOTLANDUNG AUF DER VENUS, 1960

ERICH DOLEZAI, PLANET IM NEBEL, 1962


Auflage: 30 Exemplare

600 €